Beginn einer wundervollen Brieffreundschaft

Während der Liegezeit in den europäischen Häfen schickte uns die Reederei oder die Agenten der eigenen Firma immer wieder „wichtige“ Besucher an Bord. Die Betreuung der Gäste oblag den Offizieren. Einer der Nautiker oder Ingenieure machte dann den „Bärenführer“ und führte die Gäste von der Back zum Heck und aus den Tiefen der Maschinenanlage in die luftige Höhe des Peildecks bzw. der Brücke. Man redete  sich bei diesen Führungen Fransen an den Mund und wurde mit für uns unsinnigen Fragen gelöchert. Man bekam runde Fußsohlen und wurde anschließend meist mit einem warmen Händedruck verabschiedet. In den  Heimathäfen Bremen oder Hamburg konnte es einen noch ärger treffen. Seitens der Reederei kamen mit diesen VIP´s  dann  ein Catering Service mit Stewards an Bord. Nach dem Rundgang folgte dann ein kleiner Imbiss in der Offiziersmesse mit höflicher Konversation. Diese „Bärenführungen „ waren unter den Offizieren äußerst unbeliebt . Wenn die Möglichkeit bestand,  verdrückte man sich klammheimlich und überlies dem Kollegen diesen Job.
Bei einer Liegezeit im Hafen von Bremen ( Juni  72 ) auf der „Birkenstein“ zog ich den schwarzen Peter. Plötzlich stand ich völlig allein einer angekündigten Besuchergruppe aus dem Ruhrgebiet gegenüber. Es folgte die übliche Führung von vorn nach achtern und von Luv nach Lee. Bei dem anschließenden Imbiss folgte eine über den üblichen Rahmen hinausgehende Unterhaltung . Man kam sich näher – und fand sich sympathisch. Letzteres hatte zur Folge, dass ich die Schiffsführung um einen Punkt erweiterte. Ich führte die Gesellschaft in den zur Schiffsbar von der Besatzung umgestalteten Postraum. Neben den Matrosen fand ich auch einige der verschwundenen Kollegen wieder. Der feuchtfröhliche Abend wurde sehr lang und bei so viel Seemannsgarn haben unsere Gäste auch gerne ihren Obolus in das Barschwein versenkt. Angeblich ist die angeheiterte Gruppe nach der Verabschiedung mit ihrem VW – Bus noch in einem Graben gelandet. Doch so ganz genau bin ich da nicht mehr im Bilde. Meine Gesprächspartnerin dieses Abends kann da sicher Auskunft geben. Beim Abschied haben wir damals die Adressen ausgetauscht und uns beide an die Abmachung gehalten. Unsere Brieffreundschaft hat mich über fast zwanzig Jahre in Höhen und Tiefen meines Seemannsleben begleitet. Sie hat mich letztendlich auch zu der Niederschrift der ersten Storys ermuntert.
Eva ich danke Dir.